DeutschlandSanitz / Mecklenburg
Nach fast 70 Jahren eine Ruhestätte gefunden von Dr. Michael Preisinger
Pastor Gottfried Voß und Alexander Schacht (v.l.) gestalteten die Zeremonie der Beisetzung der Kriegsopfer. Foto: Dr. M. Preisinger.
Sanitz – Ein gutes Dutzend Menschen hatte sich auf dem Friedhof in Sanitz eingefunden, um zwei Männern das letzte Geleit zu gewähren. Zwei Männern, die keiner von ihnen kannte, denn sie starben bereits vor fast 70 Jahren. Zwei Männern, von denen niemand weiß, wer sie waren. Zwei Männer, von denen man nur weiß: Sie starben wahrscheinlich am 1. Mai 1945 in Horst bei Sanitz, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs.
Fest steht nur, dass die beiden deutsche Soldaten waren, weil sich Zeitzeugen an deutsche Uniformen erinnerten und weil bei der Exhumierung deutsche Uniformteile gefunden wurden. Erkennungsmarken wurden nicht gefunden, sodass der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge auch die Identität der beiden Männer nicht ermitteln konnte. Lediglich der Rechtsmediziner Dr. Ulrich Krüger konnte bei der Untersuchung der Gebeine feststellen, dass beide schon deutlich über 50 Jahre alt gewesen sein müssen, als ihr Leben in der Nähe von Horst ein Ende fand. Vermutlich handelte es sich also um Männer, die kurz vor Kriegsende zum sogenannten Volkssturm eingezogen wurden.
Die Geschichte der Umbettung begann vor einem Jahr, als Mitglieder des Vereins zur Bergung Gefallener in Osteuropa (VBGO) von dem Feldgrab im Wald bei Horst hörten. Der Vater eines Vereinsmitglieds erinnerte sich an das Grab und ein Anwohner noch genau an die Stelle – weil seine Mutter das Grab noch bis in die siebziger Jahre hinein pflegte.
Das Grab wurde durch diese Informationen gefunden und am 13. und 14. Juli dieses Jahres wurden die Gebeine durch Mitglieder des VBGO e.V. und Alexander Schacht – Mitarbeiter der unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Rostock – geborgen.
Alexander Schacht: „Wer gesehen hat, wie diese beiden Toten in flacher Mulde an einer Böschung provisorisch verscharrt waren, wird mir zustimmen, dass dies kein würdiges christliches Begräbnis war." Denn Schacht geht davon aus, dass diese beiden Männer – da im vorvergangenen Jahrhundert geboren – „gewiss christlich erzogen worden waren".
Und so fanden sie nun als unbekannte Soldaten auf der Kriegsgräberstätte des Sanitzer Friedhofs, Fritz-Reuter-Straße, ihre letzte Ruhe. „In Verbindung mit den beiden benachbarten Denkmälern für die Toten beider Weltkriege kann diese Grabstätte vielleicht eine Mahnung zum Frieden sein", hofft der Mitarbeiter des Landkreises.
Die Zeremonie erfolgte am 25. Oktober in würdigem Rahmen, geleitet von Pastor Gottfried Voß. Nachdem Vertreter von VBGO und Volksbund Kränze niedergelegt hatten, wurde das Grab unter Leitung von Dominik Will, der für die Pflege der Grabstätte zuständig ist, wieder geschlossen.
Alexander Schacht: „Die Frage nach dem Warum drängt sich natürlich auf. Warum wird nach so langer Zeit noch so ein Aufwand betrieben, wo doch die normale Ruhefrist auf einem Friedhof wie diesem inzwischen schon zweimal abgelaufen wäre? Diese Frage ist berechtigt und man kann lange darüber philosophieren."
Schacht hat eine Antwort parat: „Wer einmal erlebt hat, wie dankbar Angehörige wie Witwen, Geschwister oder Kinder sind, endlich Gewissheit über das Schicksal eines Vermissten zu erlangen, für den ist diese Frage bereits beantwortet." Auch, wenn im aktuellen Fall eine Identifizierung nicht möglich war.
Schacht: „Es ist einfach eine Frage des Anstands, beiden Toten ein würdiges Grab auf einem Friedhof zu ermöglichen, wie es übrigens jedem Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gesetzlich zusteht – egal welcher Nationalität und egal, ob Soldat oder Zivilist."
Text: mig